Kindertagesbetreuung
Schon in der frühen Kindheit werden die Grundlagen für eine erfolgreiche Entwicklung von Kindern gelegt. Der frühe Zugang zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung eröffnet Chancen für eine bestmögliche Zukunft unserer Kinder. Qualitativ gute und verlässliche Kinderbetreuungsangebote unterstützen und erleichtern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Betreuungsangebot richtet sich an Familien mit Kindern ab der Geburt bis zur Vollendung der vierten Klasse. Hierbei umfasst das Betreuungsangebot die Betreuung in Kindertageseinrichtungen (Kitas) und in der Kindertagespflege sowie in offenen Ganztagsgrundschulen für Kinder im Grundschulalter.
Jedes Kind hat ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der Kindertagespflege oder in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII), ab dem vollendeten dritten Lebensjahr einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 3 SGB VIII). Ab dem Schuljahr 2026/2027 haben Kinder im Grundschulalter beginnend mit der 1. Klasse einen Anspruch auf ganztägige Betreuung in einer Tageseinrichtung (§ 24 Abs. 4 SGB VIII). Mit den darauffolgenden Schuljahren erweitert sich der Rechtsanspruch auf die Klassenstufen 2 (Schuljahr 2027/2028), 3 (Schuljahr 2028/2029) und 4 (Schuljahr 2029/2030), sodass ab August 2029 jedes Grundschulkind einen Anspruch auf ganztägige Betreuung hat. In Nordrhein-Westfalen soll der Rechtsanspruch im Rahmen der offenen Ganztagsschule im Primarbereich erfüllt werden. Dieser Anspruch richtet sich gegen das örtlich zuständige Jugendamt.
Träger von Kindertageseinrichtungen können sowohl freie als auch öffentliche, in geringer Anzahl auch privat-gewerbliche Träger sein. Die Träger der offenen Ganztagsschule sind außerschulische freie (Jugendhilfe-)Träger. Über 70 Prozent der Träger des offenen Ganztags in NRW sind nach § 75 SGB VIII als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt.
In NRW besuchen rd. 751 Tsd. Kinder ein vorschulisches Kindertagesbetreuungsangebot, davon rd. 680 Tsd. eine Kindertageseinrichtung und rd. 71 Tsd. ein Angebot der Kindertagespflege. Rd. 31 Prozent der Kinder unter drei Jahren, die in einem Betreuungsangebot der Kindertagesbetreuung betreut werden, werden dabei im Rahmen der Kindertagespflege betreut.
Derzeit finanziert das Land rund 362.500 Betreuungsplätze in der offenen Ganztagsgrundschule. Fast 95 Prozent der Grundschulen in NRW sind offene Ganztagsschulen. Rund 50 Prozent aller Grundschulkinder besuchen Angebote des offenen Ganztags.
Die Kindertagesbetreuungsangebote sind daher ein wesentlicher Akteur für den Kinderschutz.
Kinderschutz im Rahmen der Kindertagesbetreuung besteht aus:
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Umsetzung des organisationalen Kinderschutzes / Schutz vor Gewalt in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege (§§ 45 und 43 Abs. 2 und 4 SGB VIII); (dies schließt die offene Ganztagsgrundschule nicht mit ein)
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Mitwirkung am kooperativen und intervenierenden Schutzauftrag bei Gewalt außerhalb der Einrichtung (§ 4 Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz – KKG –, §§ 8a und 8b SGB VIII)
Das Landeskinderschutzgesetz NRW führt diese Aufgaben gemäß § 11 Abs. 1, 2 und Abs. 4 zusammen und subsumiert sie unter den Begriff Kinderschutzkonzept. Dies soll den ganzheitlichen Charakter von Kindertagesbetreuungsangeboten als sichere Orte und Schutzraum für Kinder herausstellen. Das Kindertagesbetreuungsangebot als Schutzraum soll Kindern ermöglichen, sich anzuvertrauen sowie einen Raum darstellen, in dem gewichtige Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdungen wahrgenommen werden.
Nach § 11 Abs. 5 Landeskinderschutzgesetz sind auch Träger außerunterrichtlicher Angebote der offenen Ganztagsschulen gefordert, auf die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von Kinderschutzkonzepten hinzuwirken und sie mit den in den Primarschulen existierenden oder zu entwickelnden Kinderschutzkonzepten zu verzahnen.
Schutz vor Gefährdungen in Kindertageseinrichtungen
In rd. 10.700 Kindertageseinrichtungen findet Bildung, Erziehung und Betreuung für Kinder mit einer großen Vielfalt unterschiedlicher pädagogischer Konzepte und heterogener Rahmenbedingungen wie Einrichtungsgröße oder inhaltlichen Schwerpunkten statt.
Kinderschutz beginnt bereits vor der Inbetriebnahme einer Kindertageseinrichtung. Eine Kindertageseinrichtung darf nur in Betrieb genommen werden, wenn eine Betriebserlaubnis (§ 45 SGB VIII) vorliegt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebserlaubnis ist, dass das Wohl der Kinder in der Kindertageseinrichtung gewährleistet ist. Hierfür muss unter anderem sichergestellt sein, dass ausreichend geschultes pädagogisches Fachpersonal (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII i. V. m. Kinderbildungsgesetz – KiBiz – und Verordnung zu den Grundsätzen über die Qualifikation und den Personalschlüssel – Personalverordnung – PersonalVO NRW sowie kindgerechte Räumlichkeiten vorhanden sind.
Insbesondere muss die Kindertageseinrichtung unter anderem nachweisen, dass ein sog. Gewaltschutzkonzept (§ 45 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SGB VIII) existiert. Ein solches organisationales Schutzkonzept umfasst Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt in der Kindertageseinrichtung. Das Gewaltschutzkonzept wird nach gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der abzudeckenden Themen und Verfahrensschritte – insbesondere zu Zweck, Aufgabenspektrum, fachlichem Profil, Größe, Räumlichkeiten und Ausstattung der jeweiligen Einrichtung – angefertigt. Dabei muss das organisationale Schutzkonzept stets einrichtungsspezifisch sein, d. h. die pädagogische Praxis und die Rahmenbedingungen der Einrichtung widerspiegeln.
Kinder und Jugendliche sind an allen sie betreffenden Angelegenheiten angemessen und entsprechend dem Alter und der Reife zu beteiligen. Dies gilt für die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von organisationalen Schutzkonzepten gem. § 45 SGB VIII sowie für die Gefährdungseinschätzung hinsichtlich der Ausübung des Schutzauftrags gem, § 8a SGB VIII. Träger von Kindertageseinrichtungen haben gegenüber dem jeweils zuständigen Landesjugendamt einen Anspruch auf Beratung bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien von Kinderschutzkonzepten. Kindertageseinrichtungen sollen auch durch ihre Träger fachlich beraten werden (§ 11 Abs. 6 Landeskinderschutzgesetz NRW).
Die Umsetzung des bestehenden organisationalen Schutzkonzeptes und die Sicherstellung des Wohls der Kinder im pädagogischen Alltag ist Aufgabe der Leitung und der Beschäftigten einer Kindertageseinrichtung. Das organisationale Schutzkonzept sollte fortlaufend auf dessen praktische Anwendbarkeit überprüft werden.
Die Landesjugendämter beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) und beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) haben zur Unterstützung eine Handreichung zur Entwicklung und Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten herausgegeben.
Ein strukturelles Merkmal des Kinderschutzes in einer Kindertageseinrichtung ist zudem die sog. Meldeplicht nach § 47 SGB VIII: Werden dem Träger der Kindertageseinrichtung Ereignisse oder Entwicklungen in der Kindertageseinrichtung bekannt, die geeignet sind, das Wohl eines Kindes zu beeinträchtigen, muss er dies unverzüglich dem zuständigen Landesjugendamt sowie dem zuständigen Jugendamt anzeigen (§ 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII). In der Folge findet eine Beratung durch das Landesjugendamt mit dem Ziel statt, die Situation zu ändern. Sollte der Träger nicht in der Lage oder nicht Willens sein, entsprechende Änderungen vorzunehmen, können hierbei im Einzelfall seitens des Landesjugendamtes Auflagen erteilt oder die Betriebserlaubnis entzogen werden.
Für die Erteilung der Betriebserlaubnis, das Verhängen von Auflagen und die Aufhebung einer bestehenden Betriebserlaubnis ist das jeweils zuständige Landesjugendamt zuständig (§ 85 Abs. 2 Nr. 6 SGB VIII i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes – Erstes AG-KJHG NRW).
Schutz vor Gefährdungen in der Kindertagespflege
Die Kindertagespflege ist eine vor allem für Kinder unter drei Jahren gleichrangige Betreuungsalternative, die vor allem wegen der kleinen überschaubaren Gruppen, des familiären Rahmens und der festen Bezugsperson von Eltern sehr geschätzt wird. Kindertagespflege findet häufig in den Räumlichkeiten der Kindertagespflegeperson statt, ist aber auch im Haushalt der Eltern der Kinder oder in anderen geeigneten Räumen möglich. Die Erlaubnis zur Kindertagespflege gilt in der Regel für maximal fünf Kinder. Im Einzelfall kann diese Erlaubnis zur Betreuung von maximal acht fremden Kindern erteilt werden (§ 22 Absatz 2 Satz 2 KiBiz), aber es dürfen nie mehr als fünf Kinder gleichzeitig anwesend sein. Ein Zusammenschluss von bis zu drei Kindertagespflegepersonen ist möglich. Jede dieser Kindertagespflegepersonen bedarf einer gesonderten Erlaubnis. In dieser sogenannten Großtagespflege können höchstens neun Kinder gleichzeitig betreut werden.
Auch in der Kindertagespflege steht das Wohl eines jeden Kindes an erster Stelle. Deshalb bedarf die Kindertagespflegeperson einer vorherigen Erlaubnis, die nur dann erteilt wird, wenn die Kindertagespflegeperson für diese Form der Kindertagesbetreuung geeignet ist (§ 43 SGB VIII). Hierbei spielen Persönlichkeit, Sachkompetenz und Bereitschaft zur Kooperation mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen eine entscheidende Rolle. Außerdem müssen Kindertagespflegepersonen über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen (§§ 23 Abs. 3, 43 Abs. 2 SGB VIII) und ausreichend fachlich qualifiziert sein (§ 43 Abs. 2 S. 3 SGB VIII, §§ 21, 22 Abs. 2 KiBiz).
Kindertagespflegepersonen haben in ihrer pädagogischen Konzeption (und entsprechend in der pädagogischen Praxis) unter anderem die Sicherung der Rechte des Kindes zu gewährleisten (§ 17 KiBiz und § 11 Abs. 4 Landeskinderschutzgesetz). Kindertagespflegepersonen haben gegenüber dem zuständigen Jugendamt einen Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt (§ 43 Abs. 4 SGB VIII, § 11 Abs. 4 S. 2 Landeskinderschutzgesetz NRW).
Die Kindertagespflegeperson hat zudem das zuständige Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung der Kinder bedeutsam sind (§ 43 Abs. 3 Satz 6 SGB VIII).
Für die Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege i. S. d. § 43 SGB VIII sowie für deren Rücknahme oder Widerruf ist gemäß § 87a Absatz 1 SGB VIII das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich die Kindertagespflegeperson ihre Tätigkeit ausübt.
Schutz vor Gefährdungen in der offenen Ganztagsgrundschule
Grundschulkinder verbringen in Unterricht und außerunterrichtlichem Angebot der offenen Ganztagsgrundschule (OGS) einen Großteil ihres Schultages. Das Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, Freizeitaktivitäten z. B. im sportlichen oder künstlerischen Bereich und auch gemeinsame Spielzeiten mit anderen Kindern werden im offenen Ganztag erlebt. Die OGS ist somit nicht nur Lern-, sondern auch Lebensraum, den die Kinder mit Gleichaltrigen, aber auch mit Erwachsenen und pädagogischen Lehr- und Fachkräften und weiterem Schulpersonal verbringen.
Vor diesem Hintergrund kommt dem Kinderschutz auch in der OGS eine zentrale Rolle zu. Zum einen, um Kinder vor Grenzüberschreitungen und Übergriffen durch das in der OGS tätige Personal oder auch andere Kinder zu schützen. Zum anderen, um gewichtige Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Kinder wahrzunehmen, die sie im sozialen Nahfeld, also in der Familie oder in anderen privaten Kreisen, erleiden könnten.
Zentrales Merkmal der OGS in Nordrhein-Westfalen ist das sogenannte „Trägermodell“ als Modell der Kooperation von Primarschule und außerschulischem freien (Jugendhilfe-)Träger. In diesem Sinne handelt es sich bei der OGS um eine Einrichtung, in der die Akteure der Jugendhilfe und Schule sowie weiterer außerschulischer Partner zur Zusammenarbeit auch und insbesondere mit Blick auf den kooperativen Kinderschutz aufgefordert sind. Dabei kann die Multiprofessionalität des Personals vorteilhaft sein, um Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung zu erkennen. Durch die unterschiedlichen Settings der pädagogischen Arbeit – unterrichtlich und außerunterrichtlich – kommt das Personal der OGS auf unterschiedliche Weisen mit den Kindern in Kontakt. So können Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung erkannt werden. Wesentlich ist zudem die Etablierung bzw. das Vorhandensein einer vertrauensvollen und beteiligenden Kultur über den Ganztag hinweg, die es Kindern ermöglicht, sich im Falle eines Gewalterlebnisses oder einer Grenzüberschreitung dem pädagogischen Personal anzuvertrauen. Der Grundstein dafür wird durch Kinderschutzkonzepte gelegt.
Der offene Ganztag im Primarbereich unterliegt zurzeit keiner Betriebserlaubnispflicht nach § 45 SGB VIII – trotzdem sind Kinderschutzkonzepte für den offenen Ganztag zu erarbeiten. Mit der Einführung des Landeskinderschutzgesetzes NRW zum 1. Mai 2022 ist in § 11 Abs. 5 gesetzlich verankert, dass Träger der außerunterrichtlichen Angebote auf die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung von Kinderschutzkonzepten hinzuwirken haben. Sie sollen mit den Schutzkonzepten in den Primarschulen verzahnt werden, die gemäß § 42 Absatz 6 SchulG an jeder Schule zu erstellen sind. In diesem Sinne existiert gesetzlich ein ganzheitlicher Ansatz, der die Implementierung und Verzahnung von Kinderschutzkonzepten für den Vor- und auch Nachmittagsbereich der Offenen Ganztagsschule vorsieht.
Der Schutzauftrag der Jugendhilfe bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung ist in § 8a SGB VIII verankert. Er regelt sowohl das Verfahren des Jugendamtes als auch den Schutzauftrag der Träger von Einrichtungen und Diensten der freien Jugendhilfe. Kommen die Fachkräfte der freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe zu der Einschätzung, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, die nicht anders abgewendet werden kann, informieren sie das Jugendamt, das ebenfalls eine Gefährdungseinschätzung vornimmt und ggf. weitere Maßnahmen zum Schutz des betroffenen Kindes einleitet. Allerdings haben auch Schulen einen gesetzlichen Schutzauftrag zu erfüllen. Im Schulgesetz NRW § 42 Abs. 6 wird dieser konkretisiert. Darin wird die Maßgabe formuliert, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen und das Jugendamt oder andere Stellen rechtzeitig einzubeziehen. Somit ist auch die Kooperation von Schule und Jugendamt gesetzlich gefordert.
Dabei gilt, dass Lehrkräfte unverzüglich die Schulleitung zu informieren haben, wenn sie einen Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung hegen. Die Rechte und Pflichten, die unter § 4 KKG definiert sind, sowie die Pflicht zur Information der Schulleitung gelten ebenso für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen sowie staatlich anerkannte Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter beziehungsweise staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und -pädagogen, die Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung während ihrer Tätigkeit in der OGS wahrnehmen (BASS 18-02 Nr. 1 3.2.6).
Anforderungen an die in der OGS tätigen Personen
Das Personal für außerschulische Angebote ist gefordert, vor Aufnahme einer Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen (nach 30a Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz, § 72a Abs. 1, 2 SGB VIII). Bei mitarbeitenden Schülerinnen und Schülern sowie Personal, das lediglich begleitend an den Angeboten teilnimmt, kann auf ein erweitertes Führungszeugnis verzichtet werden (BASS 12-63 Nr. 2 7.7). Dies wird in der Praxis durch Kooperationsvereinbarungen der OGS-Träger mit dem kommunalen Träger sowie der jeweiligen Schule geregelt, indem die Verpflichtung zur Überprüfung des Personals bzw. zur Vorlage der Führungszeugnisse zugesichert wird.
Es gilt § 72a SGB VIII, der den Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen regelt. Nach diesem ist der öffentlichen Träger der Jugendhilfe, also das Jugendamt, verpflichtet, für sein Personal in regelmäßigen Abständen durch Vorlage eines entsprechenden Führungszeugnisses zu prüfen, dass keine Gründe für einen Tätigkeitsausschluss – so im Falle von Vorstrafen – vorliegen. Er ist zudem als Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, in Form von Vereinbarungen mit freien (OGS-)Trägern, die Verpflichtung zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für haupt- und ehrenamtlich Beschäftigte für Tätigkeiten weiterzugeben, die nach Art, Dauer und Intensität einen engen Kontakt mit Kindern erwarten lassen.
Darüber hinaus sind die öffentlichen oder freien OGS-Träger regelmäßig gefordert, in ihren Verträgen mit anderen außerschulischen Partnern wie z. B. Sportvereinen oder Kunstschulen oder Vereinen für Umweltbildung, die Arbeitsgemeinschaften anbieten oder andere Projekte durchführen, eine Zusicherungsklausel für die dort tätigen Personen aufzunehmen.
Kooperationen der OGS mit anderen Handlungsfeldern und Institutionen im Kinderschutz
Ganztagspersonal – sowohl Lehr-, Fach- und Leitungskräfte als auch weiteres pädagogisches Personal – kooperieren mit dem Jugendamt, um eine Intervention im Falle einer Kindeswohlgefährdung einzuleiten. Dabei arbeiten insofern erfahrene Fachkräfte des Jugendamts mit den Fach- und Lehrkräften zum Schutz der Kinder zusammen. In der Zusammenarbeit kann es zu Unsicherheiten der Fach- und Lehrkräfte insbesondere in Bezug auf die Weitergabe personenbezogener Daten kommen. § 4 KKG erlaubt die Weitergabe dieser in akuten Gefährdungslagen. In dieser Regelung sind explizit auch Lehrkräfte eingeschlossen, die auch Anrecht auf die Beratung durch eine insofern erfahrene Fachkraft haben. In diesen Fällen ist ihnen explizit auch die Weitergabe personenbezogener Daten erlaubt.
Mit der Polizei kooperiert die OGS vor allem im Bereich von Präventionsmaßnahmen. So werden von Polizeikräften bspw. Informationsveranstaltungen zum Thema „Cybergrooming“ oder „Strategien von Täterinnen und Tätern“ abgehalten.
Fachkräfte der Jugendhilfe sowie Lehrkräfte sind außerdem an interdisziplinären Netzwerken im Kinderschutz beteiligt, die in Jugendamtsbezirken auf Grundlage des § 9 Landeskinderschutzgesetz NRW gebildet werden. Ziel ist es, Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicherzustellen. Dazu organisiert das Netzwerk interdisziplinäre Qualifizierungsangebote für bestimmte Einrichtungen und Berufsgruppen (§ 9 Abs. 4, 5 Landeskinderschutzgesetz NRW).
Schutz vor Gefährdungen außerhalb der Kindertagesbetreuung
Die Kindertageseinrichtung und die Kindertagespflege spielen nicht nur mit Blick auf mögliche Gefährdungen innerhalb des jeweiligen Angebots eine wichtige Rolle, sondern ebenso mit Blick auf mögliche Kindeswohlgefährdungen außerhalb des Angebots.
Werden gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes bekannt, müssen Fachkräfte in der Kindertageseinrichtung und Kindertagespflege eine Gefährdungseinschätzung nach § 8a SGB VIII vornehmen (§ 8a Abs. 4 Nr. 1 SGB VIII).
Auch das Festhalten der Verfahrensergebnisse ist für einen funktionierenden Kinderschutz von erheblicher Bedeutung. Mit Hilfe von Instrumenten zur Gefährungseinschätzung können wichtige Beobachtungen systematisch dokumentiert werden. In dem Zusammenhang können relevante Fragestellungen formuliert werden.
Bei der Bewertung von Anhaltspunkten haben das pädagogische Personal in der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege im Einzelfall gegenüber dem zuständigen Jugendamt auch Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft nach § 8b Abs. 1 SGB VIII. Gemäß § 8a Abs. 4 und 5 SGB VIII ist ein Vereinbarungen zwischen Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflegepersonen sicherzustellen, dass bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzugezogen wird. Eine insoweit erfahrene Fachkraft bringt über die pädagogische Qualifikation als Fachkraft hinaus Erfahrungen und Kenntnisse im Kinderschutz mit.
Die Personensorgeberechtigten sowie das Kind selbst sollen in die Gefährdungseinschätzung miteinbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird, § 8a Abs. 1 S. 1 SGB VIII.
Das pädagogische Personal und Kindertagespflegepersonen sollen, falls sie dies für erforderlich halten, bei den Personensorgeberechtigten darauf hinwirken, dass zur Abwendung von Gefährdungen bestehende Hilfen (z. B. Erziehungsberatung, Informationen zu Angeboten im Sozialraum, Maßnahmen des Trägers selbst) in Anspruch genommen werden. Das jeweilige Hilfsangebot orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Familie und des Kindes.
Kann die Gefahr nicht abgewendet werden, müssen die Fachkräfte in der Kita bzw. deren Träger oder die Kindertagespflegeperson das zuständige Jugendamt einschalten. Die darauffolgende Gefährdungseinschätzung des Jugendamtes soll in Kooperation und unter Beteiligung des Kinderbetreuungsangebotes erfolgen. Die gegebenenfalls erforderlichen weiteren Schritte zur Abwendung der Gefährdung im Einzelfall (§ 8a Abs. 1–3 SGB VIII) werden dech das Jugendamt eingeleitet.
Kitas, deren Fachkräfte und Träger sowie auch Kindertagespflegepersonen können außerdem über eine Beteiligung an sog. Netzwerken Kinderschutz eine wichtige Rolle im Kinderschutz spielen. Netzwerke Kinderschutz sind Netzwerke zur interdisziplinären Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung (§ 3 KKG und § 9 Landeskinderschutzgesetz NRW). Das Landeskinderschutzgesetz NRW regelt die Bildung von Netzwerken Kinderschutz in jedem Jugendamtsbezirk, jugendamtsbezirksübergreifend in interkommunaler Zusammenarbeit mehrerer benachbarter Gemeinden oder innerhalb eines Kreises. Die Netzwerke Kinderschutz sollen die Rahmenbedingungen für eine effektive und schnelle Zusammenarbeit unterschiedlicher Stellen bei möglicher Kindeswohlgefährdung sicherstellen (z. B. Vernetzung verschiedener mit Kindeswohlgefährdungen befasster Stellen, Herbeiführung von Verfahrensabsprachen bei möglichen Kindeswohlgefährdungen, Herstellung von Transparenz über Mitteilungswege nach § 4 KKG).