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Familiengericht

Das Thema Kinderschutz bildet einen besonderen Schwerpunkt der Tätigkeit des Familiengerichts, vor allem in Sorgerechtsverfahren, Umgangsrechtsverfahren und Verfahren nach dem Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG).

Welches Familiengericht ist zuständig?

Das Familiengericht ist eine eigene Abteilung beim Amtsgericht. Allerdings verfügt nicht jedes Amtsgericht auch über ein eigenes Familiengericht. In diesem Fall werden die Aufgaben des Familiengerichts üblicherweise von dem bei einem benachbarten Amtsgericht angesiedelten Familiengericht mit übernommen.

Welche Verfahren im Kinderschutz kommen vor Gericht?

Das Familiengericht kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine (weitere) Kindeswohlgefährdung zu verhindern. Dazu kann es den Eltern, aber auch sonstigen Beteiligten Weisungen erteilen und notfalls sogar die Herausnahme des Kindes aus der elterlichen Familie anordnen. Dies kann in besonders eiligen Fällen auch im Wege der einstweiligen Anordnung ergehen.

Sorgerechtliche Verfahren

Können sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht einigen, kann das Gericht – auf Antrag – die Entscheidung auf ein Elternteil übertragen, § 1628 BGB. Das Gericht kann ebenfalls die alleinige elterliche Sorge ganz oder teilweise übertragen, § 1671 BGB.

Verfahren bei Kindeswohlgefährdung

In den Fällen, in denen eine Kindeswohlgefährdung besteht, kann das Gericht Maßnahmen zum Schutz des Kindes treffen. Die Verfahren gemäß §§ 1666, 1666 a BGB werden als sogenannte Amtsermittlungsverfahren geführt.

§ 1666 BGB bestimmt, dass das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen hat, die zur Abwendung einer Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen erforderlich sind, wenn die Eltern selbst nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Dabei steht dem Gericht eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verfügung:

  • Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
  • Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
  • Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
  • Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
  • die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
  • die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

§ 1666 a BGB bestimmt, dass bestimmte Maßnahmen nur zulässig sind, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwehr der Gefahr nicht ausreichen.

Handlungsempfehlung/Praxisbezug: 

Ergeben sich für unbeteiligte Dritte Verdachtsmomente auf das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung, empfiehlt es sich, diese dem zuständigen Jugendamt mitzuteilen. Das Jugendamt kann dann prüfen, ob es eigene Maßnahmen ergreifen und/oder ob es das Familiengericht anrufen will. Wird hingegen von vornherein das Familiengericht über Verdachtsmomente informiert, wird es häufig zunächst einen Jugendamtsbericht anfordern.

Umgangsverfahren

Gemäß § 1684 Abs. 4 BGB kann das Familiengericht das Umgangsrecht oder den Vollzug früherer Entscheidungen über das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. 

Handlungsempfehlung/Praxisbezug: 

Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund einer Kindeswohlgefährdung ein Umgangsrecht einzuschränken oder auszuschließen ist, sollten unbeteiligte Dritte zunächst Kontakt mit dem zuständigen Jugendamt aufnehmen.

Gewaltschutzsachen

Nach § 1 GewSchG hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt hat. Dies gilt entsprechend (§ 1 Abs. 1 S. 1 GewSchG), wenn

  1. eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung widerrechtlich gedroht hat oder
  2. eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
    a. in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
    b. eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.

Im letztgenannten Fall liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.

Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass die Täterin oder der Täter es unterlässt,

  • die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
  • sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
  • bestimmte andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
  • Verbindung zur verletzten Person aufzunehmen,
  • Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen.

Die Anordnungen sollen befristet werden. Außerdem kann das Familiengericht von der Täterin oder dem Täter verlangen, dem Opfer die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen. 

Handlungsempfehlung/Praxisbezug: 

Gewaltschutzsachen betreffen Kinder eher in Ausnahmefällen. Grundsätzlich gilt, dass im Verhältnis zu den Sorgeberechtigten die Regelungen der §§ 1666, 1666 a BGB die Regelungen der §§ 1 ff. GewSchG verdrängen, § 3 GewSchG.