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Rechtsmedizin

Definition und Aufgabengebiet in Bezug auf den Kinderschutz

Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner sind Ärzte. Sie untersuchen Kinder und Jugendliche persönlich auf Verletzungen. Sie erstellen auch Gutachten anhand der Befunde, die die Kinder- und Jugendärztinnen oder andere Ärzte erhoben haben. Auftraggeber können Jugendämter, Ermittlungsbehörden (Polizei / Staatsanwaltschaft) oder das Gericht (Familiengericht oder Strafgericht) sein.

Die Tätigkeit der Rechtsmedizin bzw. aller Sachverständigen ist nach der Strafprozessordnung oder Zivilprozessordnung geregelt, soweit es um Gutachten geht. Sie können allerdings auch andere Ärztinnen und Ärzte beraten. Das nennt man ein Konsil, wenn ärztliches Fachpersonal andere Kolleginnen und Kollegen berät. In Nordrhein-Westfalen hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit dem Kompetenzzentrum Kinderschutz im Gesundheitswesen NRW (KKG) eine rechtsmedizinische Beratungsmöglichkeit für alle Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen eingerichtet.

Der Rechtsmediziner bzw. die Rechtsmedizinerin gibt nur der auftraggebenden Person Auskunft. Wenn z. B. das Jugendamt ein Gutachten beauftragt hat, erhalten nicht die Eltern das Gutachten durch die Rechtsmedizin.

Kooperationen der Rechtsmedizin im Kinderschutz

Die Rechtsmedizin kooperiert mit der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft zur Erstellung von Gutachten für ein Ermittlungsverfahren. Den rechtlichen Hintergrund regelt die Strafprozessordnung. In diesen Fällen arbeitet das Institut für Rechtsmedizin mit der jeweilig zuständigen Polizeibehörde zusammen. Dabei führt die Rechtsmedizinerin bzw. der Rechtsmediziner die Untersuchung durch, die die Polizei beauftragt hat.

Die Rechtmedizin kooperiert außerdem mit dem Jugendamt im Rahmen der Erstellung von Gutachten. Dabei geht es zumeist um die Frage, ob Verletzungen des Kindes vorliegen und / oder wie eine festgestellte Verletzung entstanden sein könnte. Die Rechtsmedizin erörtert die Fragestellung anhand einer körperlichen Untersuchung des Kindes oder Jugendlichen oder anhand von übersandten Dokumentationen der Verletzungen. Die Rechtsmedizin kann allerdings nur die Körperoberfläche beurteilen. Sofern Röntgenuntersuchungen etc. notwendig sind, können diese von anderen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden. Rechtlich handelt es sich bei der Kooperation um eine zivilrechtliche Kooperation, die ggf. mit einem Vertrag schriftlich festgehalten wird. Die konkreten Personen, die in diesen Fällen zusammenarbeiten, sind Jugendamtsmitarbeitende sowie das ärztliche Fachpersonal der Rechtsmedizin.

Zu Missverständnissen oder einer schleppenden Kommunikation kommt es häufig dann, wenn die Ärztin oder der Arzt fachliche Begriffe verwendet, die für Personen außerhalb des Gesundheitswesens, in diesem Fall für Personen in den Jugendämtern oder der Polizei, schwer zu verstehen sind. In diesen Fällen kann es zu Fehlentscheidungen kommen. Zudem kann es passieren, dass im Geflecht der Zusammenarbeit zwischen der Polizei, dem Jugendamt und der Rechtsmedizin, bspw. dem zuständigen Jugendamt keine Informationen über die Untersuchungsergebnisse der Rechtsmedizin in Bezug auf ein Kind übermittelt werden, wenn die Polizei das rechtsmedizinische Gutachten in Auftrag gegeben hat.

Zudem kooperiert die Rechtsmedizin mit anderen Ärztinnen und Ärzten mit spezialisierter Fachausrichtung. Dabei geht es zumeist um die Frage, ob eine bestimmte Verletzung durch ein geschildertes Ereignis verursacht worden sein kann, oder nicht (Plausibilitätsprüfung). Für diese Plausibilitätsprüfung wurde in NRW eine Beratungseinrichtung vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales eingerichtet, das Kompetenzzentrum Kinderschutz im Gesundheitswesen NRW gefördert. Da die Beratung bezüglich der Patientendaten anonymisiert ist, bestehen keine datenschutzrechtlichen Probleme. Ansonsten gibt es entweder Verträge zwischen den Einrichtungen oder es ergibt sich aus der Zugehörigkeit des Institutes eine bestimmte Zuständigkeit (z. B. rechtsmedizinische Institute an den Universitätsklinika). Durch das KKG NRW können alle Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen in Bezug auf den Kinderschutz beraten werden.  Die Beratung kann telefonisch und selten auch vor Ort geschehen, evtl. mit konsiliarischer Untersuchung des Kindes.